Die Talent-Card, eine Potenzialanalyse und individuelle Berufs- und Ausbildungsberatung, wird von Land Tirol und der Wirtschaftskammer Tirol gemeinsam für Schüler:innen ab der 8. Schulstufe kostenlos angeboten. Ziel ist es, Talente, Interessen und Stärken zu erfassen, um anhand konkreter Ausbildungs- und Berufsempfehlungen gezielt künftige Mitarbeiter:innen und Fachkräfte für die Tiroler Wirtschaft zu gewinnen. In der aktuellen Phase des Projekts nehmen tirolweit gesamt 1500 Schüler:innen aus Schulen mit dem Gütesiegel „Berufsorientierung plus“ teil. Die Kooperation zwischen Land und Wirtschaftskammer hat das Ziel, Berufsorientierung frühzeitig zu stärken und Angebote für alle Bezirke flächendeckend verfügbar zu machen. „Die Zusammenarbeit mit dem Land ist ein österreichweites Vorzeigeprojekt. Es ist ein echter Gamechanger“, betont WK-Präsidentin Barbara Thaler. Damit wird die Talent-Card zum strategischen Instrument der regionalen Standortpolitik: Wer Talente erkennt und fördert, erhöht die Chancen auf passende, qualifizierte Fachkräfte für die heimische Wirtschaft.
Gelungener Start
Die Nachfrage nach der Talent-Card ist in den ersten 12 Monaten deutlich höher ausgefallen als zunächst geplant. Im Startjahr 2024/25 wurden rund 1.100 Talent-Cards abgewickelt; für das laufende Schuljahr 2025/26 werden insgesamt 1.500 Beratungen durchgeführt - alle Plätze sind bereits ausgebucht. Damit erreicht das Angebot aktuell etwa 20 % eines Jahrgangs der 8. Schulstufe in Tirol. Sämtliche Eltern und Jugendlichen nehmen das angebotene Beratungsgespräch in Anspruch, und die Weiterempfehlungsrate liegt bei beeindruckenden 99 %. Diese Zahlen sprechen für die Akzeptanz des Formats bei Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften. Gleichzeitig verdeutlichen sie den Bedarf an mehr Fachkräften in der Beratung: Um die Qualität und Verfügbarkeit weiter zu sichern, wurde das Team auf aktuell 20 ausgebildete Psycholog:innen aufgestockt, darunter Berater:innen der Schulpsychologie Tirol. Finanziell wird die Talent-Card von Land und Wirtschaftskammer gemeinsam getragen, sodass für Familien keine Kosten anfallen. Die Budgetplanung sieht vor, das Angebot in den nächsten Jahren schrittweise auszuweiten. „Ziel ist es, mittelfristig 50 bis 60 % eines Jahrgangs zu erreichen“, betont Landesrätin Cornelia Hagele. Technisch wurde die Buchung und Terminorganisation durch eine neue Online-Plattform vereinfacht, um Abläufe effizient zu steuern und Wartezeiten zu reduzieren.
Fachkräfte der Zukunft
Die Talent-Card verfolgt zwei übergeordnete Ziele: Zum einen soll sie Jugendlichen Orientierung im Dschungel der Bildungs- und Berufswahl bieten; zum anderen will sie einen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Tirol leisten, indem sie die Talente und den Nachwuchs für Tirols Wirtschaft sichtbar macht. Die Initiative steht für Chancengerechtigkeit: Kostenlos, wissenschaftlich fundiert und flächendeckend verfügbar soll sie unabhängig vom Wohnort und finanziellen Hintergrund Zugang zu professioneller Berufsorientierung ermöglichen. „Die Talent-Card zeigt: Fachkräftesicherung beginnt in der Schule“, bringt Barbara Thaler das Anliegen auf den Punkt. Landesrätin Cornelia Hagele ergänzt die pädagogische Perspektive: „Wir wollen mit der Talent-Card Talente entdecken und den Jugendlichen dabei helfen, zu entwickeln, was in ihnen steckt. Sie können dadurch den roten Faden für ihren persönlichen Bildungs- und Berufsweg finden. Das schafft Sicherheit und nimmt Druck.“
Fundament für die Berufswahl
Die seit Jahren etablierte Talent-Card des Bildungsconsultings der Tiroler Wirtschaftskammer baut auf bewährten Instrumenten der psychologischen Eignungs- und Personaldiagnostik auf und ist nun auch tirolweit in Kooperation mit Schulpsychologie, Bildungsconsulting der Wirtschaftskammer und dem Land flächendeckend und kostenlos implementiert worden. Die Kombination aus wissenschaftlich fundierter Diagnostik und qualitativ hochwertiger Beratung ist das Kernstück der Initiative: Die Analyse dauert rund zwei Stunden, das Beratungsgespräch etwa eine Stunde. Die Durchführung im schulischen Kontext erfolgt unter professioneller Begleitung mit bereitgestellten Laptops; Eltern werden durch Informationsabende sowie datenschutzkonformer Zustimmung eingebunden. Die anschließende Beratung - in der Regel online, bei Bedarf auch persönlich - wird von geschulten Psycholog:innen durchgeführt. Dabei werden die Testergebnisse gemeinsam besprochen, mögliche Bildungswege zugeordnet und ganz konkrete Empfehlungen zu Schulformen, Ausbildungen und passenden Lehrberufen gegeben. Im Anschluss erhalten die Jugendlichen einen grafisch aufbereiteten Report mit Empfehlungen, welcher Eltern und Jugendlichen als Orientierungsgrundlage dient. Damit können die Jugendlichen nun auch konkrete Betriebe für etwaige Schnuppertage und mögliche Bewerbungen kontaktieren.
Nutzen für die Betriebe
Für Betriebe ergibt sich durch die Talent-Card ein zusätzlicher Nutzen: Durch die flächendeckende Erreichung einer hohen Anzahl von Tiroler Schüler:innen und den konkreten Beratungsergebnissen können sich für Betriebe potenzielle Ausbildungsinteressent:innen ergeben. Die Auswertung bietet Unternehmen zusätzliche Hinweise auf Interessen, Motive und Kompetenzen, die über reine Noten oder Zeugnisse hinausgehen „Wir wollen Lust machen, auf hoch qualifizierte Ausbildung. Die Talent-Card hilft einerseits den Jugendlichen bei ihrer Berufswahl, und andererseits den Betrieben, die richtigen Mitarbeiter zu finden“, so Barbara Thaler. Pädagogisch betrachtet ergänzt die Talent- Card den Berufsorientierungsunterricht. Für Eltern und die Jugendlichen schafft sie Orientierung und reduziert Unsicherheit in Entscheidungsphasen. In einer Region mit dem demografischen Wandel Tirols hat dieses Instrument deshalb auch eine strategische Dimension: „Bei diesem Projekt handelt es sich um eine Investition in die Zukunft. Aufgrund der rückläufigen Bevölkerungszahlen wird die Fachkräftesicherung immer wichtiger“, mahnt Thaler und verweist damit auf die langfristige Bedeutung der frühzeitigen Talentförderung.
Umsetzung und Evaluierung
Die organisatorische Umsetzung orientiert sich am Bedarf aller Teilnehmenden: Schulen, die das Gütesiegel „Berufsorientierung plus“ bereits langfristig tragen, wurden zuerst eingebunden, parallel wird das Angebot aber weiter geöffnet. Technische Verbesserungen bei der Terminvergabe und der Plattform verringern Wartezeiten und gewährleisten einen optimalen Terminablauf. Langfristig wird ein flächendeckendes Angebot angestrebt, das allen Tiroler Jugendlichen den Zugang ermöglicht – damit die Talent-Card zum festen Bestandteil der Bildungslandschaft wird. Wesentliche Indikatoren zur Wirkungsanalyse sollen in einer begleitenden Studie erhoben werden: Welche Bildungsentscheidungen resultieren aus den Empfehlungen? Wie entwickeln sich Übergangsquoten in Ausbildungen und Lehrstellen? Rückmeldungen aus bisherigen Beratungen deuten darauf hin, dass die Talent-Card spürbar hilft, Fehlentscheidungen zu vermeiden und Ausbildungswege zu finden, die zu persönlichen Stärken passen – ein Beitrag sowohl für die individuelle Zufriedenheit als auch für die langfristige Fachkräftesicherung.
Fazit
Ein Jahr nach dem Start der Kooperation zwischen Land Tirol und Wirtschaftskammer Tirol steht die kostenlose und flächendeckende Talent-Card Tirol für ein gelungenes Zusammenspiel von Bildungspolitik und Wirtschaftsinteressen: Die Initiative zeigt, wie frühzeitige, wissenschaftlich fundierte Berufsorientierung und Beratung funktioniert und gleichzeitig zur regionalen Fachkräftesicherung beitragen kann. Die Zahlen belegen Akzeptanz und Nachfrage, die positiven Rückmeldungen von Schulen, Eltern und Betrieben untermauern den praktischen Nutzen. Zugleich wird deutlich: Für eine flächendeckende Umsetzung sind weitere Ressourcen – vor allem mehr Beratungsfachkräfte – nötig. „Die Talent-Card ist das Bindeglied zwischen Klassenzimmer und Karriere“, fasst Barbara Thaler eine zentrale Botschaft der Kooperation zusammen. Wenn Bildung und Wirtschaft weiterhin vernetzt denken, entstehen realistische Perspektiven für junge Menschen und langfristige Vorteile für die heimische Wirtschaft. Die Talent-Card ist damit nicht nur ein Instrument der Orientierung, sondern eine strategische Investition in die Zukunft Tirols – ein Projekt, das weiter wachsen muss, um möglichst vielen Jugendlichen den Start in eine passende Ausbildung zu ermöglichen.
Quelle: Den Originalartikel finden Sie in der Tiroler Wirtschaft auf Seite 48.
Die Talent-Card ist ein Beitrag zur Fachkräftesicherung
Die Experten für Bildungs- und Berufsberatung am Bildungsconsulting der WK Tirol, Andreas Zelger und Markus Abart, erläutern im Interview, warum nicht nur Jugendliche, sondern auch Betriebe von der Talent-Card profitieren.
Wie profitieren Unternehmen konkret von der Talent-Card?
Abart: Durch eine stringente, qualitativ hochwertige Berufsorientierung in Schulen und den Ergebnissen aus der Talent-Card Beratung erhöht sich die Passung von Schul- und Berufsabsvolvent:innen und somit auch von potenziellen, zukünftigen Fachkräften. Ausbildungsabbrüche und damit Kosten auf Wirtschafts- und Unternehmensseite können reduziert werden.
Kann die Talent-Card helfen, Fehlentscheidungen bei der Ausbildungs- und Lehrberufswahl zu vermeiden?
Zelger: Ja – die Talent Card kann wesentlich dazu beitragen, Fehlentscheidungen bei der Ausbildungs und Lehrberufswahl zu vermeiden. Wer seine Talente kennt, wählt eher einen Ausbildungs- oder Lehrberuf, der zu den eigenen Stärken passt – das führt zu weniger Fehlentscheidungen. Jugendliche vermeiden „Umwege“ wie falsche Lehrstellen, häufige Wechsel oder Ausbildungsabbrüche.
Inwiefern unterstützt die Talent-Card die langfristige Fachkräftesicherung in Tirol?
Zelger: Die Talent-Card trägt auf mehreren Ebenen zur Fachkräftesicherung – also zur langfristigen Versorgung von Betrieben mit qualifizierten Nachwuchskräften – bei: Sie verbessert die Passung zwischen Jugendlichen und Ausbildung/ Beruf. Eine gute Berufs- und Ausbildungswahl erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche ihren Weg finden und bleiben – das reduziert Abbruch- oder Wechselquoten. Somit fördert die Talent-Card das Ziel, dass Jugendliche eine Ausbildung bzw. ein Berufsfeld wählen, das zu ihren Talenten passt – was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie langfristig im Beruf verbleiben und damit dem Fachkräfteangebot erhalten bleiben.
Wie können sich Betriebe aktiv in das Talent-Card-Netzwerk einbringen?
Abart: Unternehmen können ihren Betrieb und ihre Ausbildungsberufe im Rahmen von Teilnahmen an Berufsorientierungsveranstaltungen, Betriebsführungen, Schnuppertagen oder Tagen der offenen Tür Jugendlichen näherbringen, um diese für potenzielle Berufe zu begeistern. Am einfachsten und effizientesten ist es für Betriebe, ein vollständiges, kostenloses Firmenprofil als Service der Wirtschaftskammer Tirol auf berufsreise.at anzulegen, um sich als Ausbildungsbetrieb und attraktiver Arbeitgeber bei der Zielgruppe zu präsentieren.
Welche Rolle kann die Talent-Card bei der Planung der Betriebsnachfolge spielen?
Abart: Die Talent Card Tirol ist primär ein Instrument der Berufs und Ausbildungsorientierung für Jugendliche. Die Talent Card erfasst Interessen, Stärken und Potenziale von Jugendlichen. Man kann somit bereits früh erkennen, welche Jugendlichen bestimmte Kompetenzen mitbringen, die für eine spätere mögliche Übernahme oder Mitarbeit in Unternehmen relevant sind. Durch fundierte Diagnostik der Talente lässt sich die Passung zwischen Jugendlichen und Ausbildung/Beruf besser einschätzen.
Welche Erfahrungen und Rückmeldungen gibt es bisher?
Zelger: Aus der bisherigen Beratungsanzahl von über 1.500 Beratungen zeigt sich bei der Talent-Card eine Zufriedenheits- und Weiterempfehlungsrate von 99%, was die hohe Qualität der Durchführung und Beratung widerspiegelt.