Der Arbeitskräftemangel stellt eine große Herausforderung für viele Betriebe dar. Die Verlockung besteht, jeden Mitarbeitenden zu nehmen, den man bekommen kann. „Doch diese Strategie hat eine schwerwiegende Nebenwirkung: Fehlbesetzungen sind für die Betriebe teuer und schaffen auch auf der anderen Seite, bei den Mitarbeitenden, keine Arbeitszufriedenheit“, warnt der Leiter der Bildungsberatung und Personaldiagnostik im WK-Bildungsconsulting, Andreas Zelger. Daher enthebt auch der Arbeitskräftemangel Firmen nicht vor der Aufgabe, beim Recruiting genau hinzusehen und ungeeignete Bewerber:innen auszuscheiden – selbst wenn dadurch gar kein/e Kandidat:in übrigbleibt und eine neue Ausschreibungsrunde notwendig ist.
Die „Richtigen“ finden, binden und entwickeln
Somit ist geklärt: die Auswahl muss nach wie vor sorgsam erfolgen. Aber was bedeutet sorgsam? Das bedeutet nichts anderes, als dass es selbst in Zeiten des Fachkräftemangels und zunehmender Dynamik in den Arbeitsmärkten nicht mehr ausreicht, bei der Bewerber:innenauswahl nur auf Anschreiben, Lebenslauf und Vorstellungsgespräch zu setzen. „Wer die „richtigen“ Mitarbeiter:innen finden, binden und entwickeln möchte, braucht mehr als bloße Eindrücke aus wenigen Quellen – er benötigt fundierte Erkenntnisse über Potenziale, Motivationen und Entwicklungen“, betont Andreas Zelger. Potenzialanalysen schaffen hier Klarheit: Sie gehen weit über das hinaus, was Bewerbungsunterlagen verraten, und liefern belastbare Daten zu kognitiven Fähigkeiten, Verhaltensmustern und persönlichen Antrieben. Damit werden sie zu einem unverzichtbaren Instrument für Geschäftsführung, Betriebsrat, HR-Leitung und Fachabteilungen gleichermaßen – denn ohne objektive, vergleichbare Informationen bleibt die Frage offen, ob eine Person wirklich zur ausgeschriebenen Stelle und zur Unternehmenskultur passt und sich langfristig im Betrieb entfaltet.
Was Bewerbungsunterlagen und Interviews nicht zeigen
Die klassischen Auswahlmethoden – die Sichtung von Lebensläufen und das Bewerbungsgespräch – liefern zwar wichtige Fakten zu Qualifikation und Berufserfahrung, stoßen jedoch rasch an ihre Grenzen, wenn es um tiefergehende Eignungsfragen geht. Aspekte wie Denkund Lernfähigkeit, Problemlösungsverhalten oder die Bereitschaft zu kontinuierlicher Weiterbildung lassen sich kaum aus den Akten ablesen. „Motivationale Muster, etwa intrinsische Leistungsmotivation oder persönliche Arbeitseinstellung, bleiben meist im Verborgenen, weil Bewerber:innen dazu neigen, sich im Gespräch so darzustellen, wie sie denken, dass man sie gern sieht“, weist Zelger auf ein gängiges Verhaltensmuster hin. Genauso schwierig ist es, soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Empathie und Konfliktverhalten valide einzuschätzen: Ein freundlicher Small Talk im Vorstellungstermin sagt wenig darüber aus, wie sich eine Person unter Druck verhält oder in kritischen Situationen kommuniziert. Auch Arbeitsverhalten – Zuverlässigkeit, Eigeninitiative und Selbstorganisation – kann nur begrenzt beobachtet werden. Persönlichkeitsmerkmale wie emotionale Stabilität oder Gewissenhaftigkeit und nicht zuletzt die Frage, ob Werte, Einstellungen und Interessen zum Unternehmen passen, bleiben weitgehend unerkannt. Diese Faktoren aber bestimmen maßgeblich, ob neue Mitarbeitende tatsächlich langfristig erfolgreich sind, die Teamdynamik stärken und sich im Arbeitsumfeld wohlfühlen.
Der Mehrwert von Potenzialanalysen
Potenzialanalysen eröffnen einen deutlich erweiterten Blick auf Kandidat:innen und liefern systematisch erhobene, objektive Daten zu kognitiven Kompetenzen, Motivationsstrukturen, Persönlichkeitsmerkmalen und Entwicklungschancen. Statt subjektiver Ersteindrücke beruhen Entscheidungen auf standardisierten, wissenschaftlich validierten Verfahren, die Vergleichbarkeit und Fairness sichern. Auf dieser Basis lassen sich Schwachstellen und Stärken präzise herausarbeiten: Man erkennt nicht nur, ob Bewerber:innen fachlich passen, sondern auch, welche Rollen sie besonders gut ausfüllen und welche Teams sie optimal ergänzen. So lassen sich Potenzialträger:innen frühzeitig identifizieren und in maßgeschneiderte Karrierepfade einordnen.
Darüber hinaus verbessert sich der Cultural & Job Fit spürbar: Mitarbeitende, die mit den Unternehmenswerten und der Arbeitsweise harmonieren, integrieren sich rascher und bleiben länger. Dies reduziert teure Fehlbesetzungen und die damit verbundenen Kosten wie Einarbeitungsaufwand, Produktivitätseinbußen und Nachrekrutierung. Gleichzeitig profitieren Personalentwickler:innen von klaren Profilen: Basierend auf den Analyseergebnissen können exakt zugeschnittene Weiterbildungs- und Entwicklungsprogramme entworfen werden – insbesondere für Führungskräfte und Schlüsselpositionen. Nachwuchskräfte lassen sich so systematisch erkennen und gezielt fördern.
Schließlich sorgt die strukturierte Vorgehensweise im Recruiting für mehr Effizienz: Die Vorauswahl wird schneller und treffsicherer, da valide Daten als Grundlage dienen. HR- und Fachabteilungen gewinnen wertvolle Zeit, weil sie auf die Professionalität der ersten Verfahrensschritte vertrauen können. Vorstrukturierte Reports entlasten die Recruiting-Teams und schaffen Raum für die persönliche Begleitung der besten Kandidat:innen.
Professionalität schafft Wettbewerbsvorteile
„In Zeiten, in denen jede Fehlentscheidung schwer wiegt, bieten Potenzialanalysen eine solide Basis für verantwortungsvolles Recruiting“, betont der Leiter des WK-Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer. Die Angebote des Bildungsconsultings (siehe Fact Box) heben die Personalauswahl von der Intuition in eine neue Qualität und helfen, nicht nur kurzfristig Lücken zu schließen, sondern langfristig engagierte, leistungsfähige Teams zu gestalten. „Wer heute in systematische, valide Auswahlverfahren investiert, sichert sich morgen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil“, ist Andreas Zelger überzeugt.
Datenbasierte Entscheidungen - Interview
Andreas Zelger, der Leiter der Bildungsberatung und Personaldiagnostik im WK-Bildungsconsulting, spricht im TW-Kurzinterview über die neue Ansätze und Möglichkeiten im Recruiting.
Warum bieten Potenzialanalysen im Recruiting einen Mehrwert?
Herkömmliche Auswahlverfahren mit Lebenslauf und Gespräch bieten nur einen Ausschnitt. Sie sagen wenig über Denkstil, Leistungsmotivation oder Persönlichkeit aus. Mit Potenzialanalysen erhalten die Firmen valide, objektive Zusatzinformationen, die sicherstellen, dass Bewerber:innen wirklich in Rollen und Kultur passen.
Welche Erfolgsfaktoren lassen sich dadurch aufdecken?
Sie messen kognitive Fähigkeiten wie Problemlösungsvermögen, legen intrinsische Motivationsmuster frei und zeigen, wie Menschen typischerweise kommunizieren und zusammenarbeiten. So lässt sich früh erkennen, wer neben Fachkompetenz auch Teamfähigkeit, Belastbarkeit und Entwicklungsbereitschaft mitbringt.
Wie verändert sich das Recruiting dadurch?
Entscheidungen basieren auf vergleichbaren, wissenschaftlich fundierten Daten statt auf vagen Einschätzungen. Damit lassen sich subjektive Einschätzungsfehler reduzieren, schneller eine Vorauswahl treffen und Zeit in HR wie in den Fachabteilungen sparen. Vor allem aber gewinnen Tirols Unternehmen Mitarbeitende, die länger bleiben und produktiver sind.